Corexit im Meer – die Folgen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko

Als im Golf von Mexiko die Ölbohrplattform Deepwater Horizon explodierte und sank, war eine der Sofortmaßnahmen von BP und der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA die Ausstreuung des Lösungsmittels Corexit.

Kritiker bemängelten dabei vor allem, dass die Sprühmaßnahmen zu spät durchgeführt wurden und die Ausbringung des Corexit teilweise wirkungslos war, da der Ölteppich bereits zu weit ausgebreitet und schlichtweg zu dünn war, damit die Chemikalie voll zum Einsatz kommen konnte.

Bei den Gegenmaßnahmen versprühte die EPA nach eigenen Angaben etwa sieben Millionen Liter Corexit 9500 und Corexit 9527a.

EPA: Forschungen zu Langzeitwirkungen des Lösungsmittels Corexit

Wie der Deutschlandfunk am 11. August vermeldete, hat die Umweltschutzbehörde EPA nun einige Tests durchgeführt, um die Auswirkungen der ausgebrachten Chemikalien auf das Leben im Meer zu erforschen. Die ersten Ergebnisse ließen Forscher wie Umweltschützer erstaunt, aber auch erleichtert aufatmen: Demnach ist der Grad der Vergiftung durch die Ausbringung des Lösungsmittel nicht gesteigert worden. Tier- und Pflanzenwelt leiden entgegen der Erwartungen weder unter dem Stoff selbst, noch bleibt die befürchtete Algenplage aus, die das im Corexit enthaltene Eisen hervorzurufen drohte.

Laut der US-amerikanischen Behörde für Gewässer- und Atmosphärenschutz, National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), hat das Corexit übrigens etwa acht Prozent des Öls gelöst. Im Vergleich dazu wurde gut die doppelte Menge durch die natürliche Vermischung und Emulgierung gelöst.

Kritik an der Studie zu Corexit

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Unterdessen wurde unmittelbar nach Veröffentlichung der EPA-Studie durchaus relevante Kritik an dieser geäußert:

Erstens wurden die toxikologischen Stichproben-Versuche bei zwei Tierarten durchgeführt, die zwar im Golf heimisch sind, allerdings nur in den Küstenregionen leben und nicht unbedingt repräsentativ für alle Arten oder Formen an Flora und Fauna stehen: Es handelt sich schlichtweg um Labortiere, ähnlich wie Labormäuse einfach zu züchten und in Versuchsanwendungen einsetzbar. Leider sagt die Reaktion der Labortiere ebenso wenig über die Giftigkeit des Öls bzw. des Corexit auf andre, komplexere Lebensformen, wie die Reaktion von Labormäusen auf gewisse Medikamente etwas über die Verträglichkeit dieser für den Menschen aussagt.

Zweitens wurde in den Tests lediglich die akute Giftigkeit getestet, denn eine Langzeitstudie war in dieser kurzen Zeit per definitionem nicht möglich. Die Ergebnisse über die akute Giftigkeit des Corexits auf einige wenige Lebewesen gibt jedoch keinerlei eindeutige Hinweise auf die Langzeitwirkung des Stoffs im gesamten regionalen Ökosystem, besonders angesichts der enormen Mengen von sieben Millionen Litern ausgebrachten Corexits.

Die Kosten der Seriösität: Forscher to go bei BP

Eine Meldung des Radiosenders Deutschlandfunk Wissen meldete indes bereits am 23. Juli diesen Jahres, dass BP versucht habe, Wissenschaftler und Forscher zu bestechen:

So wollte der Konzern mit Geldzahlungen und lukrativen Geschenken Wissenschaftler unterschiedlicher Forschungsrichtungen dazu verpflichten, Stillschweigen über die wahren Verhältnisse am Golf von Mexiko und die Folgen durch die Havarie der Deepwater Horizon zu bewahren. BP selbst erklärte in einer Stellungnahme, man habe mehr als ein dutzend Wissenschaftler mit Fachkenntnissen zum Golf von Mexiko verpflichtet, allerdings selbstverständlich ohne irgendwelche Ergebnisse vorzugeben – das versteht sich natürlich von selbst.

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Epilog: Tatsächliche Langzeitfolgen von Corexit

Obwohl zutiefst skandalös, ging diese Meldung im Zuge der ebenso spektakulären wie vergeblichen Bohrlochstopf-Versuche etwas unter. Es drängt sich jedoch angesichts der Beschwerde des honorigen US-Professoren-Verbandes über die Bestechungsversuche die Frage auf, inwiefern die jüngsten Ergebnisse der EPA-Tests durch Gehaltszahlungen von BP überschattet oder gar beeinflusst wurden.

Die tatsächlichen Langzeitwirkungen wird man schwerlich im Labor testen können; sie werden sich erst in den nächsten zehn bis hundert Jahren zeigen. Nahezu alle Beobachter, Umweltschutzorganisationen, Aktivisten und andere Kritiker sind sich jedoch einig, dass die langfristigen Folgen der Havarie im Golf von Mexiko verheerend sein werden. Jede andere Behauptung ist in bewährter BP-Manier schlichtweg: Greenwashing.

Quellen:

Bericht der Deutschlandfunk-Sendereihe „Forschung aktuell“ vom 11. August 2010

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