Dynamischer Stromtarif – Wann er sich lohnt

Dynamische Stromtarife sind ein spannendes Modell der modernen Energiewirtschaft. Sie ermöglichen es, Strom genau dann zu verbrauchen, wenn er an der Börse günstig ist – zum Beispiel bei starkem Wind oder Sonnenschein. Wer flexibel ist, kann damit seine Stromkosten deutlich senken. Doch der Tarif ist nicht für jeden geeignet: Für Haushalte mit Wärmepumpe oder E-Auto kann er sich lohnen, für normale Verbraucher hingegen zum Risiko werden. Dieser Ratgeber erklärt Dir umfassend, wie dynamische Stromtarife funktionieren, welche Voraussetzungen nötig sind, wann sich der Wechsel lohnt und wie Du sie optimal nutzt.

Dynamischer Stromtarif – Wann er sich lohnt
Dynamischer Stromtarif – Wann er sich lohnt

Das Wichtigste in Kürze

  • Dynamische Stromtarife koppeln Deinen Strompreis direkt an den stündlich schwankenden Börsenpreis.
  • Sie lohnen sich vor allem für Haushalte mit Wärmepumpe, Elektroauto oder hohem, flexibel steuerbarem Stromverbrauch.
  • Für normale Haushalte mit geringem Verbrauch ist das Preisrisiko meist zu hoch.
  • Ein Smart Meter ist zwingende Voraussetzung, um die Preisvorteile überhaupt nutzen zu können.
  • Mit intelligenter Steuerung, Apps oder Energiemanagementsystemen lassen sich die besten Preise automatisch ausschöpfen.

Wann lohnt sich ein dynamischer Stromtarif wirklich?

Ein dynamischer Stromtarif lohnt sich, wenn Du einen hohen Stromverbrauch hast, etwa durch Wärmepumpe oder Elektroauto, und Deinen Verbrauch flexibel in günstige Stunden verschieben kannst. Nur mit Smart Meter und aktivem Energiemanagement sind Einsparungen von mehreren Hundert Euro jährlich realistisch.

Wie funktioniert ein dynamischer Stromtarif?

Ein dynamischer Stromtarif orientiert sich am sogenannten Day-Ahead-Preis an der Strombörse EPEX Spot. Das bedeutet: Für jede Stunde des Folgetages wird ein Preis festgelegt, der direkt an Dich weitergegeben wird. Dadurch schwankt der Strompreis täglich – manchmal stark. Bei viel Wind- oder Solarstrom sinken die Preise, bei Dunkelflauten steigen sie. Verbraucher zahlen damit nicht mehr einen festen Durchschnittspreis, sondern die realen Marktpreise.

Typischerweise ist Strom nachts, mittags und am Wochenende günstiger, da in diesen Zeiten der Verbrauch geringer und das Angebot durch erneuerbare Energien oft hoch ist. Morgens und abends hingegen, wenn viele Haushalte gleichzeitig Energie benötigen, schnellen die Preise nach oben. Diese Schwankungen können zwischen wenigen Cent und über 30 Cent pro Kilowattstunde betragen.

Wer die Preisschwankungen geschickt nutzt – zum Beispiel durch das Verschieben des Waschmaschinenstarts oder das Laden des E-Autos nachts – spart bares Geld. Grundlage dafür ist Transparenz: Anbieter stellen die Preise meist über Apps bereit. Diese zeigen Dir, wann Strom am günstigsten ist, und helfen, Deinen Verbrauch entsprechend zu planen.

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Beispielhafte Strompreise 2025 Typische Tageszeit Preisniveau
Nacht (0–6 Uhr) Günstig durch geringen Verbrauch
Vormittag (7–11 Uhr) Hoch wegen Arbeitsbeginn
Mittag (12–16 Uhr) Günstig bei Sonne und PV-Strom
Abend (18–21 Uhr) Hoch durch Haushaltslast
Wochenende Meist günstiger als werktags

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Um einen dynamischen Tarif überhaupt nutzen zu können, brauchst Du ein intelligentes Messsystem (iMSys) – besser bekannt als Smart Meter. Dieser moderne Stromzähler übermittelt Deinen Verbrauch in Echtzeit und ermöglicht eine minutengenaue Abrechnung. Ohne Smart Meter zahlst Du nur Durchschnittspreise, wodurch der Tarif seinen dynamischen Charakter verliert.

Ein Smart Meter besteht aus zwei Teilen: dem Zähler und einem sogenannten Smart Meter Gateway, das die Datenübertragung ermöglicht. Nur mit beiden Komponenten kann der Anbieter Deinen Verbrauch exakt erfassen. Seit 2025 ist der Einbau solcher Systeme schrittweise gesetzlich vorgeschrieben – zunächst für Haushalte mit über 6.000 kWh Jahresverbrauch, Photovoltaikanlagen über 7 kWp oder steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Wallboxen.

Wenn Du nicht zur Pflichtgruppe gehörst, kannst Du den Einbau freiwillig beantragen. Die Kosten liegen bei rund 100 Euro für den Einbau sowie bis zu 100 Euro jährlich für den Betrieb. Da die Ausstattung deutschlandweit erst bei etwa drei Prozent liegt, wird die flächendeckende Einführung noch einige Jahre dauern.

Finanztip-Experte Benjamin Weigl rät: „Ein Smart Meter lohnt sich nur, wenn Du durch den Tarif jährlich mindestens dreistellige Beträge einsparen kannst.“ Wer nur durchschnittlich 3.000 kWh Strom im Jahr verbraucht, sollte daher genau rechnen.

Für wen lohnt sich ein dynamischer Stromtarif?

Ein dynamischer Stromtarif ist besonders attraktiv für Haushalte mit hohem Strombedarf – etwa durch Elektroauto, Wärmepumpe oder Stromspeicher. Diese Geräte lassen sich gezielt in günstige Stunden steuern, was Einsparungen von mehreren Hundert Euro pro Jahr ermöglichen kann.

Beim Elektroauto liegt das Potenzial besonders hoch: Mit einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km und einem Strombedarf von 3.000 kWh kann eine gezielte Ladezeitplanung bis zu 300 Euro im Jahr sparen. Vorausgesetzt, das Fahrzeug wird überwiegend zuhause geladen und die Wallbox unterstützt intelligentes Laden.

Auch Wärmepumpen profitieren, wenn das Haus gut gedämmt und ein Pufferspeicher vorhanden ist. Die Wärmeerzeugung lässt sich in günstige Nachtstunden oder windreiche Zeiten verschieben. Je effizienter das Gebäude, desto besser kann es Wärme speichern und hohe Preise vermeiden.

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Haushalte mit Photovoltaikanlage können ebenfalls profitieren, besonders im Winterhalbjahr, wenn wenig Solarstrom zur Verfügung steht. Im Sommer dagegen lohnt sich der Tarif kaum, weil Eigenstrom den Bedarf deckt und die Börsenpreise niedrig sind.

Für normale Haushalte ohne flexible Großverbraucher raten sowohl Finanztip als auch die Verbraucherzentrale ab. Das Risiko höherer Preise überwiegt, denn die Hauptverbrauchszeiten liegen meist abends, wenn Strom teuer ist.

Wie setzt sich der Preis eines dynamischen Stromtarifs zusammen?

Der Strompreis besteht – wie bei klassischen Tarifen – aus Arbeitspreis und Grundpreis, doch beim dynamischen Tarif verändert sich der Arbeitspreis stündlich.

Arbeitspreis:

  • Börsenstrompreis (variabel, Day-Ahead an der EPEX Spot)
  • Anbietergebühr (0–3 ct/kWh, je nach Anbieter)
  • Netzentgelte, Steuern und Umlagen (ca. 18 ct/kWh, unveränderlich)

Grundpreis:

  • Netzentgelte und Messstellenentgelt (regional unterschiedlich)
  • Anbietergebühr (3,90–14,40 Euro monatlich)

Der Stromanbieter hat nur Einfluss auf seine eigenen Aufschläge – die restlichen Bestandteile sind fix. Dadurch unterscheiden sich dynamische Anbieter fast ausschließlich durch ihre Servicegebühren.

Interessant wird es bei negativen Strompreisen: Fällt der Börsenpreis auf etwa –25 ct/kWh, erhältst Du tatsächlich Geld fürs Stromverbrauchen. Nach Abzug der fixen Abgaben bleiben rund 8 ct/kWh Gutschrift übrig. Solche Stunden sind jedoch selten und treten meist bei starkem Wind und geringer Nachfrage auf.

Preisbestandteil Durchschnittlicher Wert (netto) Einfluss durch Anbieter
Börsenstrompreis Variabel (–30 bis +40 ct/kWh) Ja
Netzentgelte, Umlagen, Steuern ca. 18 ct/kWh Nein
Anbieteraufschlag Arbeitspreis 0–3 ct/kWh Ja
Grundpreis (monatlich) 3,90–14,40 € Ja

Was solltest Du beim Wechsel beachten?

Beim Wechsel in einen dynamischen Tarif ist Flexibilität entscheidend. Finanztip empfiehlt eine Mindestvertragslaufzeit von maximal einem Monat, um schnell reagieren zu können, falls sich der Tarif als ungeeignet erweist. So kannst Du bei steigenden Strompreisen jederzeit zurück in einen klassischen Fixpreistarif wechseln.

Achte außerdem auf transparente Anbietergebühren. Einige Anbieter werben mit niedrigen Strompreisen, gleichen diese jedoch durch hohe Grundkosten wieder aus. Ein genauer Blick in die Preisstruktur lohnt sich.

Der Anbieterwechsel funktioniert im Prinzip wie jeder andere Stromanbieterwechsel. Wichtig ist nur, dass Du den Smart Meter bereits installiert hast oder der neue Anbieter den Einbau übernimmt. Apps der Anbieter wie Tibber, Ostrom oder Octopus Energy zeigen Dir tagesaktuell, wann Strom günstig ist und helfen, Deinen Verbrauch automatisch zu optimieren.

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Ein direkter Vergleich mit klassischen Tarifen ist nicht sinnvoll, da sich deren Preisstruktur grundlegend unterscheidet. Die Kosten hängen bei dynamischen Tarifen immer vom Zeitpunkt Deines Verbrauchs ab – und damit von Deinem Verhalten.

Wie nutzt Du einen dynamischen Tarif optimal?

Um den größten Nutzen aus einem dynamischen Stromtarif zu ziehen, solltest Du Deinen Verbrauch an die Preisschwankungen anpassen. Am einfachsten gelingt das mit intelligenten Steuerungssystemen, die Deinen Stromverbrauch automatisch verschieben.

Wärmepumpe und Wallbox: Viele Modelle bieten bereits integrierte Funktionen, um Strompreise automatisch zu berücksichtigen. Sie starten dann, wenn Strom günstig ist – etwa nachts oder an windreichen Tagen. Falls Dein Gerät das nicht kann, lässt sich diese Funktion oft nachrüsten.

Energiemanagementsystem (HEMS): Dieses System steuert alle Geräte im Haus zentral. Es kann PV-Anlage, Speicher, Wallbox und Wärmepumpe miteinander verbinden und optimieren. Das ist besonders effizient, wenn Du selbst Solarstrom erzeugst.

Manuelle Steuerung: Auch ohne Smart Home kannst Du Strom sparen, indem Du Waschmaschine oder Spülmaschine zu günstigen Zeiten startest. Die Strompreise des Folgetages findest Du meist schon am Nachmittag in der App Deines Anbieters.

Der Nachteil der manuellen Steuerung ist der Aufwand. Wer dauerhaft sparen möchte, profitiert von automatischen Lösungen. Der finanzielle Vorteil hängt dabei von Deinem Strombedarf, Deiner Technik und Deiner Disziplin ab – aber bei konsequenter Nutzung können mehrere Hundert Euro im Jahr realistisch sein.

Fazit

Ein dynamischer Stromtarif ist kein Allheilmittel, aber eine zukunftsweisende Option für flexible Verbraucher. Er lohnt sich besonders für Haushalte mit E-Auto, Wärmepumpe oder PV-Anlage, die ihren Stromverbrauch gezielt steuern können. Ohne Smart Meter und technische Unterstützung birgt er jedoch mehr Risiken als Chancen. Wer sich darauf einlässt, sollte Preise, Geräte und Verbrauchsverhalten genau im Blick behalten – dann kann die Energiewende auch im eigenen Haushalt bares Geld sparen.

Quellen zum Thema Dynamischer Stromtarif:

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